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Page:Labi 1998.djvu/305

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mit einem «Bodensee-Gauverband» gegründet worden, zu dem Arbeiterbildungsvereine aus Vorarlberg, Deutschland und der Schweiz als Mitglieder zählten.[44]

Zusammenfassend lassen sich zwei Thesen zur Mobilität im Alpenraum im 19.tJahrhundert formulieren, die selbstverständlich noch weiterer Untersuchungen zur Verifizierung bedürfen: 1. Organisierte Mobilität hatte zwar durch die Einbindung der Gesellenwanderung in das Zunftwesen bereits Tradition besessen, nun erhielt sie aber nicht nur neue Inhalte, sondern auch neue Formen. Berufsständische Traditionen wurden gewissermassen umfunktioniert, indem Vereine die Zünfte ablösten und Gesellen unterschiedlichster Branchen vereinten; die Mobilität erhielt zusätzlich politische Bedeutung. 2. Von einer Kolonisierung des Alpenraums durch moderne Ideologien kann keine Rede sein. Sowohl veränderte Lebensverhältnisse als auch relativ autonome soziokulturelle Faktoren wie Traditionen prägten die jeweilige Ideologierezeption, variierten also die in den ländlichen oder kleinstädtischen Mikrokosmos eindringenden und bislang unbekannten Denk- und Verhaltensformen.


Anmerkungen

1 Alain Corbin, Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs. Frankfurt a. M. 1988, S. 109.

2 Josef Fontana, Geschichte des Landes Tirol. Bd. 3. Vom Neubau bis zum Untergang der Habsburgermonarchie (1848-1918). Bozen 1987, S. 174; Georg Schmitz, «Organe und Arbeitsweise, Strukturen und Leistungen der Landesvertretungen», in: Die Habsburger-monarchie 1848-1918. Bd. VII. Parlamentarismus. Wien 1998 (im Druck).

3 Für den Alpenraum siehe etwa: Flanns Flaas, «Arbeiterschaft und Arbeiterbewegung», in: Fleinz Dopsch, Flans Spatzenegger (Flg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, II/2. Salzburg 1988, S. 934-938; Thomas Flellmuth, «<FIallein hat noch eine Zukunft ..^.Transformation stadtbürgerlicher Gruppen zwischen Tradition und Moderne. Die Kleinstadt Flallein 1850-1890», in: Robert Floffmann (Flg.), Bürger zwischen Tradition und Modernität. Wien 1997, S. 339-343. Allgemein siehe: Karl Fleinrich Kaufhold, «Das Flandwerk zwischen Anpassung und Verdrängung», in: Flans Pohl (Flg.), Sozialgeschichtliche Probleme in der Zeit der Hochindustrialisierung (1870-1814). Paderborn 1979, S. 103-142. Vgl. dazu auch: Robert Luft, «<Des Flandwerks goldener Boden>. Flandwerker im Übergang zum Kleinunternehmer in Böhmen im späten 19. Jahrhundert», in: Floffmann, S. 281-334; Ingrid Mittenzwei, «Vom Flandwerker zum Unternehmer. Wiener Seidenfabrikanten im frühen 19. Jahrhundert», in: Flelmut Reinalter, Karlheinz Gerlach (Flg.), Staat und Bürgertum im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Studien zu Frankreich. Deutschland und Österreich. Ingrid Mittenzwei zum 65. Geburtstag. Frankfurt a. M. 1996, S. 79-96 (neuerlich abgedruckt in: Floffmann, S. 185-201).

4 Bereits um 1800 hatte etwa in Salzburg bzw. im Raum Flallein ein Baumwollverlag an Bedeutung verloren. Preussische Prohibitivzölle hatten den Flandel erschwert, die ver-

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HELLMUTH: «DIE ÖFFENTLICHE MEINUNG ...»