schätzende positive Perspektive, in ein politisch, ethnisch wie wirtschaftlich stabileres und von einer Siegermacht getragenes Gebiet zurückkehren zu können. Diejenigen ca. 20’000-25’000 Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina aber - es handelte sich vorwiegend um Menschen jüdischer Herkunft -, die aus politischen oder ökonomischen Gründen nicht mehr in ihre alte Heimat zurückkehren wollten oder konnten, mussten weiterhin die Folgen jener inneren, mentalen und gesellschaftlichen Grenzen ertragen, die der Krieg so massiv gezogen hatte. Gleichsam in Vertretung der grossen Masse der in die neuen Nationalstaaten heimgekehrten Migranten wurden sie nämlich von der einheimischen Bevölkerung der neuen Republik nicht nur wesentlich für die militärische Niederlage und damit für den Verlust der Grossmachtposition Österreichs verantwortlich gemacht, sondern auch für die schlechte wirtschaftliche Nachkriegssituation. Ihnen drohte deshalb die Zwangsausweisung aus ihrer neuen Heimat zurück in ihre alte Heimat, aus der sie nur wenige Jahre zuvor vertrieben worden waren.[25] Ihre zahlenmässige Konzentration auf Wien bestärkte wiederum die traditionell konservativ ausgerichteten westlichen Alpenländer Österreichs in ihrer politisch motivierten Abneigung gegen die vermeintlich von Sozialisten, Juden und anderen Fremden beherrschte Hauptstadt. Dieser Konflikt kulminierte schliesslich in den separatistischen Anschlussabstimmungen Vorarlbergs, Tirols und Salzburgs von 1920 beziehungsweise 1921. Während sich Vorarlberg der Schweiz anzuschliessen versuchte,[26] die jedoch - in Sorge um eine Verschiebung ihres ethnischen und konfessionellen Gleichgewichtes - ablehnte, votierten Tirol und Salzburg mit beinahe lOOprozentiger Mehrheit für einen Anschluss an Deutschland. Freilich lagen die Gründe speziell der Tiroler Abstimmung von 1921 nicht allein in der Ablehnung der Zentrale Wien, sondern ebenso in der allgemeinen Enttäuschung über den Verlust Deutschsüdtirols, der als eine weitere Bruchlinie in der Gesellschaft des Alpenraumes empfunden wurde.[27]
Abschliessend seien deshalb im Rekurs auf die eingangs erwähnte Themenstellung noch einmal folgende Punkte thesenartig festgehalten:
- Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden wesentliche Teile des Alpen- und Voralpenraumes vom Auswanderungs- zum Einwanderungs- und Versorgungsgebiet für die aus ihrer Heimat vertriebenen zivilen Opfer dieses Konfliktes.
- Die durch verschiedene, teils rigoros gehandhabte Kriegsmassnahmen erzwungene ethnische Umverteilung und Migration führte unter dem