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Ut mine Festungstid/Kapittel 5

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Worüm Schauster Bank mi en Por Stäweln nich mihr för söß Daler maken wull. Wat sick de Herr Postkummissorius mit den General Kalkreuth vertellte un de Fru Postkummissoriussen mit mi. Worüm en Swin vörwarts führt warden möt, un de Fru Postkummissoriussen dat Allerheiligste upslot. Worüm dese Geschicht en trurig En'n nimmt.

Acht Johr kunnen vergahn sin, ick was all lang' fri; ick was Landmann worden; ick gung mit Stulpstäweln un korte Hosen in de Welt herüm; ick was en hellschen Kirl, de ganze Damm, de hürte mi tau. Ick was noch mal so breid worden, as ick west was, un Schauster Bank, wat noch en ollen Spelkammerad von mi was, säd: »Fritzing«, säd hei, »mit Utnam von oll Bäcker Haufnageln hest du de dicksten Waden in de ganze Stadt; de Deuwel mak di 'n Por Stulpstäweln för söß Daler!«

Fri! Fri! un denn Landluft un Landbrod un von morgens bet 's Abends en deipen Drunk frische Luft, un Gottes Herrlichkeit rings herüm, blot taum Taulangen; un ümmer wat tau dauhn, hüt dit un morgen dat; äwer allens in de beste Regelmäßigkeit, dat dat ümmer stimmt mit de Natur, dat makt de Backen rod un den Sinn frisch, dat is en Bad för Seel un Liw, un wenn de ollen Knaken un Sehnen ok mal mäud warden un up den Grund sacken willen, de Seel swemmt ümmer lustig baben.

Ick segen de Landwirtschaft, sei hett mi gesund makt un hett mi frischen Maud in de Adern gaten. Un wenn einer ok nich so vel dorbi lihren deiht as en anner, de bi dat allergelihrteste Mastfauder up 'ne Universität smeten is, so giwwt dat doch vel tau beachten, un wenn einer man nich tau ful un tau kortsichtig is un kickt en beten äwer den Tun von dat Gewarw, denn ward hei ok vele gaude Kost för Verstand un Vernunft finnen, un wat hei findt, is frische, gräune Weid', de unnern blagen Hewen in Regen un Sünnenschin wussen is un den Minschen ganz anners bekümmt as dat swore, gelihrte Mastfauder up de Universitäten un de Stallfauderung achter'n Schriwdisch.

Ick was fri un was gesund! – Ick was tau Stadt führt nah min Vaderstadt un süll Klewersaat halen, denn't was in de Frühjohrssaattid, un wi wullen unner't Sommerkurn unsern frischen Slag anseigen. – Na, 'ne Stadtreis' is 'ne Dagreis'; ick hadd noch süs allerlei tau besorgen, wat noch nich prat was, ick hadd also noch Tid un kunn mi de ollen Füerstäden un de ollen Frünn' beseihn. 't was binah Middag, un üm de Middagstid plegt tau dunnmalen de Stemhäger Börger en beten in't Posthus tau gahn, denn de Fru Postkummissoriussen hadd dat beste Bir, un't gaww ok denn ümmer wat Niges tau seihn, wil denn de Berliner Post ankamm.

Ick kamm rinne in dat lütt Stüwken, ick was lang' nich dor west; äwer't was noch all so, as't west wir. Von dat lütte Stüwken was noch en En'n afbucht't mit hölterne Tralligen, wat de Herr Postkummissorius sin »Kontur« näumen ded, wat äwer utsach as en gadlich Vagelburken, un in dit Vagelburken satt de Herr Postkummissorius mit sinen Herrn Sähn; singen deden sei äwer nich, denn – so vel ick weit – singt kein großherzogliche Postbeamter tau de Posttid, un't was also ok von ehr nich tau verlangen. Un de Fru Postkummissoriussen stunn noch ümmer an den Aben, wo sei all in mine Kinnertiden stahn hadd, dat müggt Winter oder Sommer sin, äwer de Glasur von de Kacheln hadd sei weg un den witten Aben rod schürt. Un ok de sülwigen Biller hungen in de Stuw', en por Biller von den Ollen Fritz un 'ne Mondierungskort von dat französche Militör un denn de General Kalkreuth. Kalkreuth hadd bi den Herrn Postkummissorius sin bestes Tüg antreckt un stunn dor in 'ne blage Frack un en dreikantigen Haut un witte Hosen un gnäterswarte, blankgewichste Postillonsstäweln; von Gesicht sach hei sihr schön rod un gesund ut, un sine Näs' let in de Läng' nicks tau wünschen äwrig. Hei hadd äwer den Ihrenplatz von all de Biller, denn de Herr Postkummissorius hadd unner em bi de littauschen Dreiguner stahn un estimiert em noch ümmer as sinen Kummandanten. Un wenn de Herr Postkummissorius mal lustig un ut sin Burken rute laten was, denn drunk hei nah de Posttid tauwilen etzliche von sinen roden Magenbittern un gung ganz militärisch in de Stuw' up un dal, un denn was dat för en Minschenhart leiwlich antauseihn, wo de beiden ollen Krigskammeraden sick fründlich ankeken. Kalkreuth säd nicks; äwer de Herr Postkummissorius makte jedesmal Front vör sinen Scheff, wenn hei in den Paradmarsch an em vörbikamm, un röp em tau: »Du bist mein Kalkreuth!« Un dat makte den Herrn Postkummissorius alle Ihr, denn hei hadd sick mal mit Kalkreuthen häßlich vertürnt, un Kalkreuth hadd em wegjagt; äwer hei drog em dat nich nah, obschonst dat Kalkreuth schuld hadd. Denn Kalkreuth hadd den Herrn Postkummissorius, as hei noch Wachtmeister bi de Dreiguner was, mal nah em von sin Gäuder schickt, dat hei dor dat Inventor upnemen süll – denn de Herr Postkummissorius was hellschen stark in de Fedder –, un dat was denn nu ok allens sihr schön afgahn bet up de Käuh, denn as de upschrewen warden süllen, hadden sei so'ne Nams, de 't eigentlich gor nich giwwt un de kein Deuwel schriwen kann, as Strimer un Bliß un Stirn un Dreititt un – wat weit ick! Ok kemen des' Namen den Herrn Postkummissorius tau gemein vör, un hei makte ut Strimer – Juno, ut Bliß – Minerva un ut Dreititt – Venus – usw. – Kalkreuth was tau ungebildt, üm de Verschönerung intauseihn, hei fohrte up den Herrn Wachtmeister los, de äwer, in dat richtige Gefäuhl, in Schönheitssachen den Herrn General äwerlegen tau sin, gaww nich nah, un sei vertürnten sick dägern. Nu is dat äwer meindag' noch nich so west, dat en Wachtmeister en General wegjagen kann, un wil sei nu doch einmal utenanner müßten, jog de General den Wachtmeister weg. – Dat was sin Glück; hei wir süs in'n Lewen nich Postkummissorius in Stemhagen worden.

In't Irst müggt em dat woll man swack gahn, äwer hei was en Mann, de sick dörchtaubringen verstunn, hei smet sick mit sine Gemahlin up de »dramatische Kunst«, as sei dat hüt nennen, un – weit de Deuwel! hadd hei all in Ostpreußen von Stemhagen hürt, dat dor en sihr gebildtes Publikum sin süll – genaug, eines schönen Dags kamm hei in min Vaderstadt un spelte up Allmern sinen Sal Theater, tworst, wil hei man mit sine leiwe Fru allein was, blot virbeinige Stücke, äwer de wiren ok von't beste En'n.

Nu müßt sick dat grad begewen, dat oll Postmeister Toll sick dat entsäd un begrawen was. Na, ahn Postmeister kunn jo doch Stemhagen nich assistieren, un de Postmeisterstäd' würd utbaden as sur Bir, keiner wull för hunnertuntwintig Daler dat Johr äwer Postmeister spelen, dunn äwernamm hei sick de Sak, un hei hett sei ok richtig dörchführt bet an sin selig En'n, denn hei was en ollen trugen, braven Mann, äwer hei wüßt dor ok up tau lopen. Dat sach hei: mit de hunnertuntwintig Daler Postmeistergehalt kunn hei nich utkamen, hei läd sick also gradäwer von sin Vagelburken noch en anner Vagelburken an un set'te sine leiwe Fru dorin. Dat was de Kopladen, un de hett, so lang as hei bestahn hett, en groten Raup hatt bi all de Schausters in ganz Land Meckelnborg – wegen den Snuwtoback. – Un worüm? Dorüm, wil dat hei sülwen 'ne Näs' för Snuwtoback hadd un mit sine eigene Näs' för de Echtheit von sine eigene Wohr instunn. Nah un nah kamm tau den Snuwtobackshandel noch en sihr anseihnlichen Birschank, un as de Großherzog em noch mit 'ne lütte Taulag' unner de Arm grep, dunn was keiner glücklicher as hei un sei un Kalkreuth, un alle drei lewten in Freden mitenanner. Blot männigmal, wenn de Vagel tau lustig würd un sick tau vel mit Kalkreuthen vertellen ded, denn würd sei schiwelich; äwer wenn hei marken ded, dat sei en Wurd reden wull, denn flog hei in sin Burken, un nu kunn sei seggen, wat sei wull, hei was nich tau Hus.

Also tau des' ollen, gauden Lüd' kamm ick herinne un wull en Glas Bir drinken: »Guten Tag! Frau Postkommissariussen«, säd ick tau ehr up Hochdütsch, denn sei hadd dat sihr äwel namen, wenn ick Plattdütsch mit ehr redt hadd, wil dat sei sülwst blot Hochdütsch reden ded – mäglich, dat sei sick noch ümmer as dramatische Künstlerin betrachten ded – mäglich ok, dat sei ehren Stand nicks vergewen wull. »Was gibt es Neues?« denn dat was de ewige Frag', de ehr in frühern Tiden von jedwereinen vörleggt würd un de sei ok ümmer beantworten kunn, deils von wegen de Post, deils von wegen den Kopladen. Äwer nu stunn de olle Fru so kurlos an ehren Aben un schüddelt mit den Kopp: »Ach, Fritzeken, ich bin 'ne alte Frau geworden, mir erzählt jetzt keiner mehr etwas Neues!«, un dorbi drögte sei sick de Ogen mit ehre Schört. Na, dat jammert mi denn nu, un blot üm ehr tau trösten, log ick fix en por Verlawungen un en por Murddahten un en ganzen lütten, nüdlichen Brand tausamen, dat sei doch ehre Lust doran hewwen kunn.

Na, dat hülp denn ok, sei würd ganz upgemuntert, un wil sei doch nicks Niges wüßt, vertellten wi uns von ollen Tiden, un ut dat Vagelburken kemen af und an korte Würd' herute, as: »Gun Morrn ok!« – »De Geschicht is anners.« – »Ick heww man noch kein Tid.« – »Dreivirtel un en halben, sieben achtel – kost't drei Schilling – nah Jürgensdörp is nicks hir. – Gun Morrn, Herr Bold, gun Morrn, Herr Braun!« Jehnahdem de Stemhäger Börger an dat Kikfinster von sin Burken vörbigung.

Un nu kemen s' denn all herinne: Otto Bold un Otto Braun un Kitte Risch un Swager Irnst, un Kitte Risch hadd en Swin köfft, un as't von den Wagen afladen würd, was't dod west, un Otto Bold set't em dat utenanner: dat Swin wir rüggwarts führt, un dat künn kein Swin verdragen, en richtig Swin müßt vorwärts führt warden. Un Otto Braun gaww Otto Boldten recht, denn en Swin wir inwennig grad as en Minsch getacht, un weck Minschen künnen't Rüggwartsführen ok nich verdragen, un denn hadd so'n Swin eigentlich noch mihr Nerven as de Minsch. Un Otting Bold weddete mit Otting Braunen üm twei Seidel, dat sin Gasten, den hei hüt seigt hadd, bi't Döschen ein Kurn mihr dauhn würd as Braunen sin; denn hei hadd sinen Acker grundklor makt, un as hei fragt würd, wo hei dit anfungen hadd, kamm't rut, dat hei up en Schepels-Utsat Acker twei Pird mit hölterne Eggen twei un en halwen Dag hadd rümmer trampeln laten, un dat nennte hei grundklor. Un sei drunken vörlöpig de beiden Seidel, un as sei tau de Fru Postkummissoriussen säden, ein von ehr würd sei up den Harwst betahlen, dunn wull sei nicks dorvon weiten un säd, up so'n willen Gaus'handel let sei sick nich in, un gung hellschen falsch ut de Dör rut. – Nu was dat Wedden in den Gang', un as de Post vör de Dör führen ded, dunn weddte min Swager Irnst mit Kitte Rischen, hüt makte de Fru Postkummissoriussen ehr Allerheiligstes up, un Kitte Risch höll Gegenpart.

Dat Allerheiligste von de Fru Postkummissoriussen was en lütt Stüwken, wat achter dit lütt Stüwken was, un dor kamm keiner rinne von de däglichen Gäst, un Bir würd äwerall dor nich in schenkt; blot wenn Extrapost-Gäst ankemen oder Fürsten un Grafen, denn würd de Dör upmakt, un an de Dör stunn denn de Fru Postkummissoriussen un bedrew mit Winken un Knicksen de dramatische Kunst. – Tweimal in minen Lewen heww ick blot üm de Eck rinne kiken dürwt; äwer't was schön dor: an de Wän'n hungen de vir Johrstiden, all ungeheuer ähnlich, dat Frühjohr un de Sommer mit Blaumen un Ohren up de italienischen Strohhäud', un Harwst un Winter hadden Häud' von swarten Sanft up, un de ein hadd Windruwen un Appel un Beren up den Kopp, un de anner witte Feddern, un sei segen sick all utverschamten glik, as Swestern, de sei jo ok sünd, denn sei sünd jo all Kinner von ein un dat sülwige Johr.

Dat wiren all luter Kleinigkeiten un tauwilen ok Dummheiten, äwer de Kleinigkeiten kregen för mi ehr Bedüden dordörch, dat ick de Minschen kennte, de sick in ehr rümmer dreihten, as de Herr Postkummissorius in sin Burken, un äwer de Dummheiten lachte ick recht von Harten, denn ick was fri un gesund; un för en frien Minschen un en gesunnen Minschen brukt de Spaß nich fin in 'ne Neihnadel infädelt tau sin, 'ne richtige Packnadel deiht de sülwigen Deinsten.

Mit einem Mal würd dat düster in de Stuw', as wenn an den Hewen en Swark uptrecken ded, denn vör dat einzige Finster in de Stuw' hadd sick Otto Bold henstellt, un de hadd en Puckel as en Sagblock, ut den einer dreifäutsche Bred sniden kunn. Taum Utkiken was't also nich, un wi müßten de Postgäst nemen, as sei de Döst gaww.

Tauirst schregelten denn also en por nüdliche Handlungskommis herinne, de sick in Kumpani en Seidel gewen leten, dorup kamm en lüttes, leiwes Kind von Mäten, wat knapp dat Hart hadd, en Glas Zuckerwater tau bestellen – de Konduktöhr würd't betahlen.

Nah ehr kamm en rüstigen, forschen Mann in preußsche Uneform in de Dör, gung up dat lütt Mäten tau: »Haben Sie schon?« – »Ich erhalte es gleich!« säd sei. De Mann redte noch en por fründliche Würd' tau ehr un dreihte sick nu nah uns üm. Hei smet en flüchtigen Blick up uns, makte en verlurnen Diner un stellte sick vör Kalkreuthen un kek em in de himmelblagen Ogen.

Fru Postkummissoriussen halte en Slätel ut de Tasch, slot dat Allerheiligste up, makte en Knicks un 'ne sihr innemende Handbewegung: »Vielleicht gefällig?« – Swager Irnst hadd de Wedd gewunnen, Kitte müßt betahlen. – »Danke!« säd de Herr ganz kort, kek in dat Allerheiligste rin, as wenn't för em dat Allerglikgültigste wir, un makte sick wedder mit Kalkreuthen tau dauhn.

Otto Bold hadd blot 'ne halwe Wenning von't Finster tau dat Vagelburken tau maken, hei frog also dorinne: »Wer?« – »Zwei Personen nach Malchin, eine bis Güstrow; eine bleibt hier«, was de Antwurd ut dat Burken, un nu kamm noch en Nahsatz, de flustert warden sull, den wi äwer all schön dütlich hürten: »General von Sch...mann.«

De Mann in de preußsche Uneform hadd wohrschinlich ebenso helle Uhren as wi, hei dreihte sick üm, lachte un frog uns denn: »Meine Herren, wie weit ist es von hier nach Ivenack?«

»Wenn Sie den Fahrweg fahren, haben Sie eine starke halbe Meile«, säd ick, »der Fußweg ist aber nur eine viertel Meile und ist reizend, er führt durch Wiesen und Wald und zuletzt durch den schönen Ivenacker Tiergarten.«

Hei besunn sick en Ogenblick, gung ut de Dör, sprok mit en Kutscher, de Tressen an den Haud hadd, kamm wedder rin un säd: »Ich habe mich zu der Fußpartie entschlossen, wie aber muß ich dann gehn?«

»Sehn Sie mal«, säd Kitte Risch, »denn gehn Sie hier erstens den Wall entlang bis in die Malchinsche Straße und denn gehn Sie rechtsch um de Suseminsche Ecke in de Gatz, un denn gehn Sie rechtsch um den Burmeistergoren, da finden Sie ein Steg...«

»Ih woh? Wo braucht der Herr so weit zu gehn?« säd Otto Bold. »Sie gehen bloß von meinem Haus' dwas über die Straße, un denn gehen Sie durch Christopher Schulten seinen Hof un Goren – wollt ich sagen ›Garten‹ –, un denn sind Sie in die Koppel.«

»Ja, aber meine Herren...« fung de Preuß an.

»Erlauben Sie«, säd ick, »ich habe augenblicklich nichts zu versäumen, und ein Spaziergang ist mir grade recht, ich werde Sie auf den rechten Weg führen.«

Hei namm dat höflich an, säd dat junge Mäten recht herzlich adjüs, un wi gungen af.

»Haben Sie das junge Mädchen wohl bemerkt, das so schüchtern in dem Zimmer stand?« frog hei mi, as wi ut de Stadt rute wiren. – Ick säd ja, un sei schinte mi noch sihr jung tau sin.

»Sie ist siebenzehn Jahre alt, hat nie vorher eine Reise gemacht, kennt von der Welt weniger als ein siebenjähriges Kind und geht ohne Schutz und ohne Geld nach Surinam. Die Kondukteurs sind angewiesen, für ihre Bedürfnisse unterwegs zu sorgen; das Postgeld bis Hamburg ist bezahlt, und dort nimmt sie ein fremder Schiffskapitän in Empfang, der sie übers Meer schafft.«

»Aber wie kommt dies?« frog ick.

»Sie ist Herrnhuterin aus Gnadenfrei in Schlesien und wird sich in Surinam mit einem ihr ganz fremden Manne verheiraten. – Wahrlich, es gehört Mut dazu«, set'te hei hentau; »ich bin mit ihr von Schlesien herunter gereist und habe mich ihrer ein wenig angenommen, aber ein solches Vertrauen und solche Ergebenheit habe ich selten gefunden.

»Aus Gnadenfrei«, säd ick in Gedanken. »Merkwürdig! dann habe ich das Mädchen schon öfter gesehen, das heißt, ich erinnere mich ihrer nicht; aber sie muß doch unter der kleinen grauen Schwesterschar gewesen sein, die alljährlich einmal mit ihrem Schulmeister, eine jede mit einem großen Feldblumenstrauß, nach S. kam, um von dort die weite Aussicht über das Land zu genießen.

»Nach S.? Aber, verzeihen Sie, wie kommen Sie nach S.? Ein mecklenburgischer Landmann nach S.?«, un dorbi kek hei mine Stulpstäweln an.

Ick wull all antworten, hei unnerbrok mi äwer un lachte: »Die Vorstellung meiner Person hat freilich schon Ihr Postmeister übernommen; aber der Form wegen: ich bin der General von Sch...mann aus G.«

»Besitzer von M. hier in der Nähe?« frog ick. »Dann kann ich mich Ihnen leicht vorstellen, ich bin der Sohn Ihres Justiziarius.«

»So? so?« säd hei. »Sehr angenehm! Aber wie kommen Sie nach S.?«

Oh, säd ick, ick wir ok in sine Garnisonsstadt mal söß Wochen west, un vertellte em denn in'n Korten de Umstän'n. Ick vertellte em ok, wo dat mi de gaude Platzmajur mit en Linsengericht traktiert hadd, ick vertellte em von Vatter Kählern un von den Herrn Unteroffzierer Altmann un von Schnabeln un vör allen von den tweiten Kummandanten, Obersten B. – Ach, dat vertellt sick mal schön, wenn einer in gauden Tiden von de lang' vergahenen, slimmen Tiden snackt un vör allen, wenn de Dankborkeit en Würdken mit in redt!

Mit de Wil wiren wi an dat Flag kamen, wo in den Stemhäger Stadtholt de Weg sick twälen ded, un ick wis'te em Bescheid un stunn dorbi still, wil dat ick dor ümkihren wull. »Aber, Herr General«, frog ick, »was machen meine alten Bekannten in G.?«

»Ihr alter Vater Kähler muß tot sein«, antwurt't hei, »ein andrer, mir bekannter Unteroffizier ist als Schließer dort angestellt. Der Unteroffizier Altmann wird wohl zur Garnisonskompanie gehört haben, und deshalb kenne ich ihn nicht; aber der Platzmajor ist wohl und munter und besorgt seine vielfach unangenehmen Geschäfte mit derselben freundlichen Ruhe und derselben Gewissenhaftigkeit, die Sie an ihm kennengelernt haben.«

»Und der Oberst B.?« frog ick so recht von Harten.

»Der Oberst B.?« frog hei mi entgegen. »Kennen Sie den Vorfall, den der Oberst B. einmal am heiligen Weihnachtsabend gehabt hat?« Ja, säd ick, ick wüßte de Sak.

»Dann werden Sie auch wissen, daß Oberst B. Witwer war und keine andern Angehörigen hatte als eine einzige, liebenswürdige Tochter.«

Ja, säd ick, ick hadd sei seihn, un't wir en prachtvoll, herrlich Mäten west.

Dunn let de General sinen frischen Blick so still tau Ird hensacken, un't was, as wenn en lisen Schudder äwer ein kamm: »Und diese einzige, liebenswürdige Tochter«, säd hei, un de Würd', de kemen so swor, so langsam ut em rut – »diese einzige Tochter eines durchaus braven Vaters ist am heiligen Weihnachtsabend zu derselben Stunde gestorben, in der er den Sträfling erstach – und der Vater ist im Irrenhaus.«

Ick stunn as angedunnert. En Mann vull Kraft, vull Leiw', vull dägte Gesundheit – un wahnsinnig! – wahnsinnig dörch eine einzige rasche, hastige Daht, de as en swarten Stein in en rühmlich, ihrenvull Lewen herinne follen was!

De General drückte mi de Hand« »Es tut mir leid, Ihnen mit einer so traurigen Nachricht für Ihre Begleitung danken zu müssen.« Un dormit gung hei sinen Fautstig wider.

Ick dreihte mi üm un gung nah Hus taurügg, un as ick so in würkliche Truer dorhen gung, dunn föll mi 'ne Predigt von en ollen katholischen Preister in, wat en Waterpollack ut Äwer-Schlesigen was un up Regierungsbefehl dütsch predigen süll – ick hadd oft doräwer lacht. – Hei predigt': »Was is menschliche Lewe? – Menschliche Lewe is, wie Strohdach, kommt Wirbelwind, perdautz! fällt um.«

Ick hadd oft doräwer lacht; nu äwer, as ick dörch de schönen gräunen Wischen un dat leiwliche, olle bekannte Land tau Hus gung, dunn hadd ick keine lächerlichen Gedanken, dunn äwerset't ick mi de Predigt von den ollen ihrlichen Papen: »Was ist menschliche Vernunft? Menschliche Vernunft ist wie ein Strohdach; schickt unser Herrgott einen Wirbelwind, dann ist sie dahin.«