höfe zogen und dort verblieben, bis ihr Vieh von den Almen zurückkehrte? Was wissen wir von den Wanderhändlern und Hausierern, von den Bauhandwerkern und Kesselflickern, von den Zuckerbäckern, Scherenschleifern und Schuhmachern, von den wandernden Gesellen, Dienstboten und Fabrikarbeitern, von den zahlreichen Söldnern und den weniger zahlreichen Studenten, und den vielen anderen, die entweder saisonal in den Winter oder Sommermonaten oder temporär über mehrere Jahre von zu Hause wegzogen? Wie sehr waren die Migrationen eine Angelegenheit allein der Männer, welche Rolle spielten dabei die Frauen?
Welche Gebiete der Alpen von den Wanderungen betroffen waren und ob es sich eher um viele oder um wenige Menschen handelte, ist inzwischen weitgehend bekannt. Weniger gut erforscht ist dagegen die Art und Weise, wie die Saisonwanderer lebten, welche Beziehungen sie zur Heimatgemeinde und zu den eigenen Familien aufrecht erhielten und wie sie sich in der Fremde zurechtfanden, obwohl inzwischen auch dazu bereits einige wertvolle Untersuchungen wie etwa die von Françoise O’Kane über die Leute aus Bessans vorliegen.[5] Sie zeigen den Weg, den es zu gehen, die Methoden, die es anzuwenden, und die Quellen, die es zu erschliessen gilt. Und wiederum sind es weniger die makrogesellschaftlichen als vielmehr die mikro-gesellschaftlichen Studien, die eine Beantwortung der eben gestellten Fragen versprechen. Je grösser die Zahl derartiger Untersuchungen und je grösser die Zahl der darin behandelten Menschen und Familien, um so eher werden wir in der Lage sein, allgemeinere Aussagen über die konkrete Wanderungs-realität in den Alpen zu treffen.
Ähnliches gilt für die Auswirkungen der Migration. Mit der Feststellung, dass bei einem Auszug eines Grossteils der männlichen Bevölkerung um so mehr Arbeit für die zurückbleibenden Frauen anfiel oder dass mit der Rückkehr der Migranten auch fremde Ideen und Bräuche in die Alpentäler Eingang fanden, darf man sich nicht zufrieden geben. Auch hier ist es notwendig, differenzierte Untersuchungen anzustellen, die einzelne Orte und Familien zum Gegenstand haben.
Vieles von dem, was bisher zur Erforschung der saisonalen und temporären Migration gesagt wurde, kommt auch bei der dritten Gruppe von Wanderungsbewegungen zum Tragen, den definitiven oder endgültigen Auswanderungen. Dies ergibt sich schon allein dadurch, dass die definitive Migration nicht immer von vornherein als solche geplant war, sondern häufig aus einer temporären Wanderung resultierte: Es liegt auf der Hand, dass ver