1. Als Mittellinie wurde bei den Grabinschriften in der Regel eine Kante des Grabpfeilers benützt, also der Teil, der der Verwitterung am meisten ausgesetzt ist. So ist die Lesung, namentlich der Vokale, meist sehr unsicher, und es ist eine große Seltenheit, daß zwei von einander unabhängige Kopisten übereinstimmen.
2. Ein so praktisches Hilfsmittel ohne Zweifel der Erfinder des Ogom für des Schreibens ungewohnte Hände zu bieten dachte, so schwer war es tatsächlich zu handhaben. Denn jede Verzählung, jeder Strich zu wenig oder zu viel, jede Verwechslung von rechts und links ergibt sofort einen anderen Buchstaben. So wimmeln die Ogom-Notizen in den Handschriften von Verschreibungen. Und waren sie hier leicht nachträglich zu korrigieren, so war dies auf den Steinen nicht so einfach, und namentlich ist es nach Jahrhunderten schwer zu erkennen.
3. Die Korrektur ist für uns um so schwieriger, als es sich fast ausschließlich um Namen handelt. Denn die gewöhnliche Fassung besteht im Namen des Begrabenen und seines Vaters im Genitiv, verbunden durch maqqi, maqi ‘des Sohns’ (gelegentlich avi, avvi ‘des Großsohns’), z. B. Dalagni maqi Dali. In jüngeren irischen Inschriften steht manchmal davor anm, gleich späterem ainm ‘Name’. Es fehlt aber einstweilen noch eine Sammlung des irischen Namenmaterials, das die späteren Handschriften in großer Fülle bieten, und damit die Grundlage für Ogom-Lesungen. Auch haben sich die Sammler meist nicht genügend mit der altirischen Sprachgeschichte vertraut gemacht, um über Mögliches und Unmögliches sicher urteilen zu können.
Aus diesen Gründen ist in unserer Grammatik diese Quelle wenig benutzt. Doch ist nicht zu zweifeln, daß sie sich einmal noch ergiebig erweisen wird, namentlich für die Frage nach der Zeit der Umfärbung der Vokale (§ 69 ff.) und des sukzessiven Vokalschwunds (§ 87 f., § 102).
14. Eine vollständige Zusammenstellung des zu seiner Zeit bekannten Materials gibt
Brash, The Ogam inscribed monuments of the Gaedhil, 1879.