50. e (manchmal æ geschrieben § 21) = idg. ĕ, z. B.
deich ‘zehn’ lat. decem gr. δέκα ahd. zehan.
berid ‘trägt, gebiert’ lat. ferre gr. φέρειν, altkirchenslav. beretъ ‘sammelt’.
ech ‘Pferd’ lat. equos.
Über e aus ĭ s. § 69 f. 75, aus ïa § 102.
51. Der Buchstabe é (ǽ § 21) bezeichnet zwei verschiedene Laute.
a) Das eine é ist meist aus dem alten Diftong ei hervorgegangen. Der Übergang mag ziemlich alt sein; auch die britannischen Dialekte behandeln altes ei wie ē in lateinischen Lehnwörtern. Auch das Gallische kennt ē für ei, z. B. Dēuo-gnāta ‘Gottgeborene’, Rhēnus ‘Rhein’ (ir. rían ‘Meer’).
In den archaischen Denkmälern ist dieses é in der Regel noch erhalten. Aber in Wb und den späteren Quellen ist durchgehend der Diftong ía dafür eingetreten, wenn ein dunkler oder ein u-farbiger Konsonant (§ 153 ff.) darauf folgt. Es wechseln daher in engverwandten Wörtern é und ía.
Z. B. ·téged ‘er pflegte zu gehen’, ·téig ‘du gehst’ neben tíagu ‘ich gehe’, ·tíagat ‘sie gehen’ (arch. ·tēgot Cam. 38b), zu gr. στείχειν ‘schreiten’, got. steigan ‘steigen’.
ad·féded ‘er pflegte zu erzählen’ neben ad·fíadar ‘wird erzählt’, fíad ‘in Gegenwart von’ zu W. u̯eid‑, gr. εἶδος ‘Aussehen’, lit. véidas ‘Angesicht’, ags. wītan ahd. wīzan ‘verweisen’.
réid ‘fahrbar, eben, leicht’, G f. réde, neben ríad ‘Fahrt’, ·ríadat ‘sie fahren’, zu ahd. rītan ags. rīdan ‘fahren, reiten’.
Dasselbe é, ía entspricht lat. ē (auch oe) in Lehnwörtern, z. B. fíal ‘uelum’, síans ‘sēnsus’ (neben séns, in Ml sés), scíam ‘schēma’, ríagol ‘rēgula’, pían G péne ‘poena’.
Als Übergangsstufe von é zu ía erscheint archaisch bisweilen ea, z. B. Druim Leas Arm. 15 a 1 für späteres D. Lías, eine Schreibung, die beim Wort dea ‘Gott’ noch in Sg meist beibehalten ist. In Wb nur féal für fíal ‘züchtig’ 13 a 29. Vereinzelt wird der Diftong ie geschrieben, z. B. grién ‘Sonne’