Während archaische Denkmäler das ō bewahrt zeigen, ist es zur Zeit von Wb unter dem Hauptton meist zu úa diftongiert, außer wenn es vor Gutturalen (g, ch) steht. In Ml und Sg dringt úa auch in diese Stellung ein (aber ohne Konsequenz). Auch breitet es sich auf schwachbetonte Wörter aus, z. B. húare ‘weil’ Ml Sg für (h)óre Wb; (h)úa Präposizion vor ihrem Kasus neben (h)ó in Ml Sg, nur ó in Wb, aber betont auch hier úait ‘von dir’, (h)úad ‘von ihm’ usw.; úas ‘über’ Ml gegen ós Wb, aber auch hier t‑úas ‘droben’ usw.
58. Beispiele:
a) ursp. eu: túath ‘Stamm, Volk’ (kymr. tud) got. þiuda oskisch touto, vgl. gall. Teutates (Gott), Marti Toutati, Totati-genus, Gen. Touto-diuicis, Toutillus, Matribus Ollo-totis usw., archaisch ir. Tōthal (Männername), später Túathal.
srúaim ‘Schwall, Strom’ gr. ῥεῦμα.
ursp. ou: rúad ‘rot’ (kymr. rhudd) got. rauþs lat. rūfus umbr. Apl rofu, lit. raudà ‘rote Farbe’, vgl. gall. Roudius.
b) ursp. au: úaithed úathad ‘Einzelheit, Vereinzelung’ gr. αὐτός; ‘allein, selbst’, altisländ. auđr ‘öde’. Es gehört zur Präp. ó, úa ‘von, durch’ lat. au-ferre altpreuß. Asg au-mūsnan ‘Abwaschung’.
lúad ‘Kunde, Gerede’ lat. laus laudis.
c) Ersatzdehnung: úar ‘kalt’ kymr. oer, gall. Ogron.. (Monatsname).
In ócht ‘Kälte’ Wb húacht Ml kann ō aus dem Adjektiv verschleppt sein.
úan ‘Lamm’ kymr. oen, vgl. lat. agnus gr. ἀμνός.
Das o- für a- vielleicht nach altem ou̯i- ‘Schaf’.
Zum Wechsel von ó und úa vergleiche noch:
tróg ‘elend’ Wb, tróg und trúag Ml, trógán neben trúag Sg, vgl. kymr. tru, gr. στρεύγεσθαι ‘hinschmachten’, gall. Trougillus, Trogus.
slóg G slóig ‘Schar, Heer’, seltener slúag Ml (slúag Sg), kymr. llu, gall. Catu-slugi (Plin.), altkirchenslav. sluga ‘Diener’.